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Mauna - Schweigen ist Gold

Kurzbeschreibung

Mauna (Schweigen) ist ein tradiertes Werkzeug der Geistesschulung. Es unterstützt das Entkoppeln von äußeren und inneren Reizen. Ein Unterteilen in verschiedene Stufen ist möglich. Ein gesetzter Rahmen erleichtert die innere Erfahrung. Der Weg zur Selbsterkenntnis wird so gebahnt. Wissenschaftliche Studien bekräftigen den Nutzen für die moderne Gesellschaft.

Stille Wasser sind tief, heißt es. Das ließe sich auch über selbstbestimmtes Schweigen sagen. Vor kurzem äußerte die schweigeerfahrene Retreaterin Elisabeth Inhester (30), Projektmanagerin in einem Video-Interview: Wie viel Überflüssiges man eigentlich sagt. Wie wenig von den eigenen Worten eigentlich Relevanz hat. Aber was ist Schweigen eigentlich?

 

Schweigen ist ein Werkzeug für Kontemplation und Meditation in vielen Kulturen. Es ist altbewährt in tradierter Geistesschulung, im Religiösen und Spirituellen. Man nutzt es im Kloster oder im Ashram, ebenso in der Abgeschiedenheit des Himalaja, der Wälder oder Zuhause. Im Yoga ist Mouna, das Schweigen, oft verbunden mit bestimmten Phasen tieferer Übung. Der Arzt Swami Sivananda Saraswati riet jedem Yoga Aspirant zu mindestens einer Stunde Mouna täglich.

Schweigen üben ist ein Aspekt von Pratyahara, dem Entkoppeln vom Außen. Pratyahara ist die fünfte Stufe von Patanjalis achtgliedrigen Yoga Weg, der vor ca. 2500 Jahren erstmals systematisch beschrieben wurde. Sie bildet die Schnittstelle für den Beginn von Meditation.

Mauna kann hilfreich sein, die geistige Fluktuation zu verringern. Die Überaktivität wird auch „Affengeist“ genannt wie Affen springen die Gedanken von einem zum nächsten. Das Ziel ist die geistige Stille. Im dritten Yoga Sutra von Patanjali heißt es: Yoga Chitta Vritti Nirodah „Yoga ist das zur Ruhe kommen der Bewusstseinswellen“. Das kann den Weg zur Selbsterkenntnis ebnen.

 

In der Wissenschaft ist Schweigen Gegenstand der Forschung: Der Psychologe und Philosoph Marc Wittmann vom Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg beschreibt, dass stilles Meditieren das Zeitempfinden verändert. Anfänger erlebten die Zeit eher lang, Erfahrene kürzer. Die Psychologin und Achtsamkeitstrainerin Britta Hölzel untersuchte an der Harvard University, wie sich Meditation auf das Gehirn auswirkt. Nach etwa zwei Wochen ließen sich so zum Beispiel auch bei Depressionen positive Effekte erzielen.

 

Ergänzen lässt sich, dass die wissenschaftliche Forschung die Spitze des Eisbergs berührt. Seit etwa 2500 Jahren beschreiben Yogis eine Vielzahl von Erfahrungen. Klassische Übungen, wie z. B. die Meditation Antar Mouna (innere Stille), wie sie von Swami Prakashananda Saraswati vermittelt wurde, beseitigen den mentalen Lärm und stellen eine innere Ruhe her. Sie sagt:

„Nur ein stiller und friedlicher Geist kann uns ein perfektes Werkzeug sein.“ Fortgeschrittenen bahnt es Zustände von Zeitlosigkeit, Raum und Glück. Prakashananda unterrichtete ein stufenweises Annähern, in dem dieses Erleben Resultat eines systematischen Weges ist - Yoga als eine Wissenschaft des Bewusstseins.

 
Fünf Stufen von Mouna lassen sich nennen:

  1. Laghu (gemäßigtes Schweigen): Reduzieren von Sprechen
  2. Vang (völliges Schweigen): Verzichten auf Sprechen
  3. Kashta (abgrenzendes Schweigen): Verzichten auf nonverbale Kommunikation
  4. Sushupti (inneres Schweigen): Nichtanhaften an Gedanken
  5. Maha (verwirklichtes Schweigen): innere Stille

Der Verlauf ließe sich einteilen in:

  • Abgrenzen nach außenVerringern von EindrückenEinnehmen einer nicht wertenden Haltung

Gewünschtes Erleben wäre:

  • AchtsamkeitStilleSelbst erfahren

Sivananda fasste die Essenz von Mouna in das Mantra Ayam Atma Shanto „Dieses Bewusstsein ist Schweigen“.

 

Durch Einbeziehen von Körper, Atem und Konzentration lässt sich dieses Training unterstützen. Asanas (Yoga Haltungen) sowie Pranayama (Atemtechniken) harmonisieren das autonome Nervensystem, und Dharana (Fokussieren) verringert die Fluktuation des Geistes. Weitere Routinen sind Tiefenentspannung und Mantras. So kann Mouna in erhöhtes inneres Wahrnehmen und Energie münden.


Eine vegetarische und zurückhaltende Ernährung bis hin zum Fasten kann die Dynamik des Schweigens verbessern. Sie verringert Unruhe und Trägheit. Gleichzeitig trägt es dazu bei, die Wachheit auszudehnen. Nicht selten nimmt dabei das Schlafbedürfnis ab.

Das damit einhergehende soziale Entkoppeln kann einen Neustart  ermöglichen. Spannungen im Miteinander können eine heilende Transformation entfalten. Das oft reflexhafte Reagieren bekommt eine Pause. Ein Bewusstwerden eigener und fremder Muster kann erfolgen. Auf diese Weise kann Mouna einen Beitrag zur sozialen Kompetenz leisten.

 

Die sozialen Medien sind eine nicht mehr wegzudenkende gesellschaftliche Kraft. Dies kann manchmal auch als Einschränkung empfunden werden. Eine digitale Auszeit von Smartphone, iPads, Notebooks, Smart-TV und u. a. ist für zunehmend mehr Menschen attraktiv. Informationsreize werden verringert und kann Stress reduzieren helfen. Traditionelle Ashrams sind daher häufig eine digital freie Zone. Mouna verbunden mit einer Pause von den sozialen Medien bietet so eine Einkehr zur Autonomie.

 

Bei bestimmten psychischen Störungen ist Mouna eher weniger hilfreich. Unsicherheiten können durch einen Arzt, Heilpraktiker oder Psychotherapeuten geklärt werden. Therapeutische Erwartungen sollten im Stille-Retreat nicht im Vordergrund stehen. Eine stabile physische und psychische Konstitution ist eine gute Voraussetzung. Es empfiehlt sich eine Vorbereitung, ebenso wie ein erfahrener Lehrer und eine geeignete Umgebung.

 

Zusammenfassend darf man sagen: Mouna hat in der heutigen Zeit weiter seine Bedeutung als Mittel zur Einkehr und Selbsterforschung. Sivananda schreibt: „Die Sprechenergie wird in Ojas (Ur-Energie) umgewandelt. Wünsche reduzieren sich. Der Wille wird stärker“. Im Schweigen kann man sich selbst finden. So gilt auch für Mouna das Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.


Tipp:

Bildungsurlaub Schweigen ist Gold – Meditation & Yoga im Kloster
Auch für Private buchbar
Termin: 11.-15.11.2024 im Kloster Vinnenberg

Quellen:

- Buch: Four Chapters on Freedom von Swami Satyananda Saraswati 

- CD: Antar Mouna von Swami Prakashananda Saraswati

- Artikel: Mouna and Introspection von Swami Sivananda Saraswati
- Buch: Samadhi Yoga von Sivananda Saraswati

- Yoga Wiki, Yoga Vidya

- Artikel: Spektrum.de 3/2023, Was Stille in uns auslöst von Lisbeth Schröder

 

Der Artikel erschien im Deutschen Yoga-Forum Ausgabe 5/2023, s. u.

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Foto: Kloster Vinnenberg 2023

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Kommentare: 1
  • #1

    Sabine (Montag, 18 Dezember 2023 18:12)

    Sehr interessant und inspirierend, danke.