„What is Enbu?“ lautet der Titel einer DVD von Hatsumi Sensei, der als Großmeister und Schauspieler sein Leben lang Wert auf die kreative Darstellung von Budō gelegt hat. Enbu ist die japanische Kampfkunstaufführung – ein Fenster in die Welt der Samurais, Ninjas und Kampfkünste.
Wadoku, das umfassendste Japanisch-Deutsch Wörterbuch, schreibt dazu:
enbu (演武, えんぶ)
1. Ausüben einer Kampfsportart
2. Zeigen einer Kampfsportart
Geschichte
Das Wort Enbu wird seit 1895 mit dem ersten butokusai dai enbu taikai, einer Großveranstaltung altjapanischer Kampfkünste, häufiger verwendet. Zu dieser Zeit bezog es sich auch auf militärische Übungen. Die Demonstration von Kampftechniken ist jedoch zweifelsohne so alt wie die Menschheit. Ein weiterer Aspekt ist die Verehrung, hōnō enbu (奉納演武 geweihte Kampfkunst Aufführung). Sie dient dem Segen der Götter an Schreinen und Tempeln. Insbesondere koryū, die "alte Strömung", Schulen, die ihren Ursprung vor 1868 hatten, sind ihnen verbunden. Die größten ihrer Art finden am Meiji Jingu im November und Shimogamo Jingu im Mai statt.
Inhalte
Das Herz von Enbu ist Kata, sagen manche. Kata sind Übungsformen für den Kampf. Sie werden einzeln, mit Uke (Partner) oder mehreren trainiert. Sie beinhalten unbewaffnete und bewaffnete Techniken, mit und ohne Rüstung. Beispiele wären Taijutsu (unbewaffneter Kampf), Kenjutsu (Schwertkampf), Bōjutsu (Stockkampf), Sojutsu (Speerkampf), Naginajutsu (Naginatakampf), Kyujutsu (Bogenschießen), Tameshiwari (Bruchtest), Tameshigiri (Schnitttest) u. v. a. Die Historizität wird durch die Etikette, Auswahl der Waffen und Bekleidung (Gi, Hakama, Yoroi) gewahrt. Weniger prominent sind Wettkämpfe, Kumite oder Randori. Meist bilden Kata der Basis- und Mittelstufe den Hauptteil. Höhere und geheime Techniken blieben der Öffentlichkeit lange verborgen. Heutzutage wäre für den Sinn von Enbu vielleicht die Metapher „Freunden sein Schwert zu zeigen“ angemessen – als eine Geste der Völkerverständigung.
Geistiger Hintergrund
Bushidō, der Ethos der Samurai, hat kriegerische Tugenden als Entwicklungsweg bewahrt. Darin kommen shintoistische, konfuzianistische und buddhistische Werte wie Respekt vor der Natur, Mitgefühl und Selbsterkenntnis zum Ausdruck. Reigi (礼儀 Etikette), ist vielleicht die Essenz von Enbu. Der Ausspruch: „Reigi ist der Anfang von Budō und das Ende“, mag diese Haltung reflektieren. Jede Enbu beginnt mit einer Verneigung und endet mit ihr.
Enbu ist Training
Enbu ist öffentliches Training. Der ursprüngliche Zweck der japanischen Kampfkünste war die Ausbildung. Im Zuge des langjährigen Friedens seit der Einigung Japans (1603) veränderte sich die Bedeutung. Die Enbu selbst wurde stärker in seiner kulturellen Bedeutung erkannt. Es zeigt sich, dass sie ein Lernfeld und Bewährungsprobe sein kann. Einmal beobachtete ich einen Schwarzgurt, dem beim Shinzan (Schnitttest) fast das Schwert entglitt. Er habe die Wirkung des Adrenalins unterschätzt. Nicht selten wird auch eine Graduierung mit einer Enbu verbunden a la hōbō dōjō (方方道場 "Jeder Ort kann ein Ort des Lernens sein").
Rampenlicht
Nicht jeder ist die sogenannte „Rampensau“. In unserem Dōjō begrüßt das Gro eine Einladung zur Enbu – ist sie doch gleichbedeutend mit einer Anerkennung. Gleichzeitig reichen die Reaktionen von „Ich hasse Enbu!“ bis zu „Was kann ich noch tun?“ Aus meiner Sicht bietet sie eine gute Reibungsfläche, um mit Lampenfieber umgehen zu lernen und Fudoshin (Gelassenheit) zu üben. Eine gelungene Aufführung lebt davon, dass die Aufführenden das Gute, das sie in der Kampfkunst erleben, mit anderen teilen.
Werben für Budo
In der Regel sind Enbu nicht kommerziell. Teilnehmen ist „Ehrensache“. Sie sind ohne, mit geringen Einnahmen oder Aufwandsentschädigungen für das Dōjō verbunden; seltener mit einem Honorar. Hono enbu finden meist auf Spendenbasis statt. Für ein Dōjō bedeutet Enbu, die Möglichkeit für seine Ziele und seine Gemeinschaft zu werben.
Kulturelle Bedeutung
Enbu ist ein Beitrag zur kulturellen Vielfalt und Transparenz. Das Tradieren von Koryū geschieht neben Kihon (Grundtechniken), Kata (Formen) und Kuden (mündliche Überlieferung) durch Enbu. Beispiele dafür sind alte renommierte Stile wie Kukishin-ryū, Shintōmuso-ryū, Takenouchi-ryū Bitchūden und Katorishintō-ryū, ebenso wie Gendai-budō, Kampfkünste, die nach 1869 entstanden, z. B. Judō, Kendō und Aikidō. Aus meiner Sicht bereichert es die Gesellschaft, den oft stigmatisierten Kampf auf Leben und Tod als Selbstverteidigung zu zeigen und das Training als Chance der Reifung zu kennzeichnen.
Kunst
Budō schlägt eine Brücke zwischen „Handwerk“ und Kunst. In alternativer Schriftweise bedeutet enbu (演舞, えんぶ) auch „Tanzaufführung“ und rückt sie in die Nähe der darstellenden Künste. Ebenso assoziiert es Nähe zu den Erziehungsidealen der Samurai, in denen Tanz und Theater wichtig sind. Takamatsu Ō Sensei widmete sich Kenbu (Schwerttanz) und trat bis ins hohe Alter hinein auf. Kampf als Kunstform kann Unsichtbares sichtbar machen. Ich persönlich finde die Darstellung der menschlichen Vergänglichkeit und ihr Versuch sie zu überwinden vielleicht am eindrucksvollsten.
Hatsumi Senseis Vision
Hatsumi Senseis Enbu-Vision ist, das Erbe seines Lehrers Takamatsu Ō-sensei weiterzutragen: Bujinkan Budō Taijutsu als Inspirationsquelle des verdeckten Zweikampfes. Am Fuse Benten Schrein, Tokai-ji, Kashiwa, welcher der Schutzpatronin der Weisheit und Künste gewidmet ist, konnte ich am 12. Oktober 2008 die Verwirklichung dieses Traums beobachten, als über hundert internationale Bujinkan Enbukas auftraten.
Quellen:
1. What is Enbu? DVD, QUEST, von Masaaki Hatsumi, 2009
2. Wadoku, online Wörterbuch japanisch-Deutsch, 2021
3. Teaching and learning in a Japanese koryū dōjō: A classical Japanese martial art as a community of practice, 2017 Anna E. Seabourne School of Arts, Languages and Cultures
4. Random thoughts on the term enbu von Andreas Wuast, 2015
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