Der Ursprung des Stockkampfes liegt in der grauen Vorgeschichte des Menschen. In Stanley Kubricks visionärem Film ‚2001 – Odyssee im Weltraum‘ werden die
Bewusstseinssprünge der menschlichen Geschichte dargestellt. Im ersten Teil Dawn of Men wird der archaische Sprung vom primitiven Höhlenmenschen zum Homo sapiens durch die Entdeckung
eines Knochens als Waffe gezeigt. Die Waffe als Mittel der Macht.
Die Auswirkung dieser Entdeckung ist die Meisterschaft über die Distanz. Wer die Distanz, im Budō Maai genannt, beherrscht, beherrscht den Kampf. In der
heutigen Zeit zeigt sich diese Macht als die furchtbarste Waffe, die die Menschheit hervorgebracht hat: die Atombombe, die tausende von Kilometer von ihrem Start gezündet werden kann. Sie
markiert einen Wendepunkt in der Kriegsgeschichte.
Die Entstehungszeit des Jōjutsu kann von Historikern nicht genau festgestellt werden. In der Tradition des Bujinkan ist sie mindestens seit dem 17. Jahrhundert Teil
des Lehrinhalts. Der Jō wird auch häufig Bō genannt, da beide Bezeichnungen mit „Stock“ übersetzt werden können. Der Ausdruck ‚Jō ‘ meint damit eher den Wanderstock während ‚Bō ‘ eher den Stock
als Waffe meint.
Die Yamabushi, die Bergasketenkrieger des alten Japans, meist buddhistischen Ursprungs, galten oft als Jō-Spezialisten. Dieser Jō war oft am oberen Ende mit
Stahlringen versehen, deren Rasseln, Tiere und Insekten warnten und als ein Zeichen von Ahimsa ‚Gewaltlosigkeit‘ gilt. Dieser Jō wird auch heute noch für Rituale im Shugendō eingesetzt
und heißt Shakujō.
In der Geschichte des Jōjutsu gibt es eine sehr populäre und weithin anerkannte Legende über eine Traditionslinie, des heute populärsten Jōjutsu Stils. Dieser Stil
stammt von Muso Gonnosuke Katsuyoshi (1605 - ca. 1620), ein Samurai, der um 1605 sein Jōjutsu entwickelte und seine Schule, Shintō Muso-Ryu, gründete.
Muso Gonnosuke Katsuyoshi ersann seine Jō-Techniken gegen Japans berühmtesten Schwertkämpfer Miyamoto Musashi (1584-1645). Sie duellierten sich zwischen 1608 und
1611 und es gibt Quellen, die behaupten, das der sonst in 60 Kämpfen unbesiegte Musashi verloren habe.
Im Gegensatz zu den Kobudō-Waffen (wie Bō, Sai und Tonfa) ist der Jō daher nicht als Waffe der Bauernschaft entstanden, sondern als Samuraiwaffe, deren Gebrauch im
Koryū, der alten Schule (Kampfkünste, die vor 1868 gegründet wurden) vermittelt wurde.
Im letzten Jahrhundert seit 1940 wurde der Name Jōdō von Shimizu Takaji geprägt. Die Namensänderung vom Jōjutsu zum Jōdō weist auf die Evolution in der Kampfkunst
hin. Die ganzheitliche Dimension trat stärker in den Vordergrund – das Vermitteln geistiger Elemente im Einklang mit den körperlichen.
Jōdō „der Weg des Jō“, hat im Wesentlichen zwei Richtungen: Erstens Koryū, oder “alte Schule”, die auch den Umgang mit Waffen beinhaltet, wie z.B. Kurzstock
(Tanbō), Sichelkette (Kusarigama), Polizeistock (Jūtte), und das weniger bekannte Hojōjutsu (die Kunst des Fesselns). Zweitens Seitei Jōdō, welches von der All Japan Kendō Federation
unterrichtet wird. Seitei Jōdō beginnt mit 12 Kata, die modernisiert aus dem Koryū stammen. Wenn diese beherrscht werden, setzt der Student mit dem Üben von Koryū fort.
Noch heute wird Jōjutsu bei der japanischen Polizei verwendet, wo sie Keijō-Jutsu ‚Polizei Stock Kunst‘ genannt wird und für die Sicherheit auf Flughäfen oder beim
Parlament eingesetzt wird (s. u. Bild).
Sōke Masaaki Hatsumi schrieb: "Jōjutsu umfasst alle Waffen". Er kann wie ein Speer, wie eine Gleve (mittelalterliche Langwaffe mit Schneide), wie ein Langstock und
wie ein Schwert gehandhabt werden. Seine Einfachheit macht seine Vielseitigkeit aus. Mit den vierhundert bis sechshundert Jahre reifen Kata des Kukishinden Ryu Jōjutsu werden im Bujinkan die
Taktiken des Stocks als Verteidigung gegen das Schwert vermittelt. So verwandelt sich der Jō, im Gegensatz zum gezogenen Schwert, zum Symbol des Lebens.
Foto: Polizist am Flughafen in Tokio
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